Die neue Schule an der Weilstraße

Die neue Schule an der Weilstraße

Aus den Aufzeichnungen von Herrn Phillip Heinrich Klein,
von 1900 bis 1926 Bürgermeister von Weilmünster

100 Jahre Grundschule Weilmünster

Verfasst von Rudi Czech anlässlich der 100 Jahrfeier der Grundschule Weilmünster am 20.06.2015 und aus der Schrift „Weilmünster im Wandel der Zeit“ von Robert Dann ergänzt
Redigiert von Heribert Domes, 2021

Vorbetrachtungen zum Schulneubau an der Weilstraße - aus „Weilmünster im Wandel der Zeit“
von Robert Dann

In Weilmünster wurde im Jahr 1681 auf der Hunstadt (Hußdett) eine neue Schule gebaut. Es war auf dem Gelände links vom Bleidenbach westlich vom später errichteten Geschäftshaus Söhngen. Anfänglich unterrichtete man in Weilmünster die Knaben und die Mädchen gemeinsam. Nach der Fertigstellung der neuen Schule auf der Hußdett im Jahr 1683 erfolgte die Trennung der Schüler in eine Knaben- und eine Mädchenklasse. Die Gründung der Mädchenschule ist auf die Initiative der vornehmen Hüttenherren aus den Familien Sorge, Kraft und Wilhelmi, der Anverwandten oder unmittelbaren Vorfahren des großen Pädagogen Adolf Diesterweg zurückzuführen. Die beiden ersten Mädchenlehrer, die in Weilmünster auch noch nebenbei die Stelle des Amts- und Gerichtsschreibers des Amtes und Gerichtes Weilmünster begleiteten, waren von 1683 bis 1699 der Schneidersohn Peter Mück aus Weilmünster und von 1699 bis 1732 der Förstersohn Philipp Michael Klein aus Lützendorf. Beide waren von Beruf Schneider und gelernte Feldmesser. Ein Beweis dafür, dass man im Spätmittelalter die Mädchenausbildung nicht so wichtig genommen hat.

Das kleine Schulhäusel beherbergte je eine Knaben- und Mädchenklasse, war jedoch für die sehr schnell steigende Schülerzahl bald zu klein geworden. Das Schulhäusel ging später in Privatbesitz über und ist Anfang des 20. Jahrhunderts bei diversen Umbauarbeiten verschwunden.

Im 17. Jahrhundert entstand das Amtshaus des Amtes Weilmünster, Sitz eines Oberschultheissen mit Gericht und Gerichtsitz an der Hauptstraße. Es ist das Gebäude am heutigen Rathausplatz, das derzeit von der Gemeindeverwaltung genutzt und im Volksmund Alte Schule genannt wird.

  Foto Keiper aus dem Jahr 1985

Aus Raumnot verlegte man 1776 die Mädchenklasse vom Schulhäusel in das genannte Amtshaus. Im Herbst 1822, nach einer vollkommenen Renovierung des Amtshauses verließ auch die Knabenklasse das alte Schulhäuschen auf der „Hußdett“ und zog ebenfalls in das alte Rathaus an der Hauptstraße ein.

Der Marktflecken Weilmünster baute etwa um 1800 ein neues Rathaus im klassizistischen Stil, das bis heute noch von der Gemeindeverwaltung genutzt wird. Als im Jahre 1849 die Schülerzahl der Knabenklasse auf 95 gestiegen war, wurde die Klasse wegen Mangel an Raum in den oberen Stock des neuen Rathausgebäudes verlegt und man richtete eine 4. Lehrerstelle ein. Diese Klassen- und Lehrerzahlen blieben nun unverändert bis zum Jahre 1913 bestehen.

In dem um 1800 erbauten neuen Rathaus zog 1849 im oberen Stockwerk die Knabenklasse der Volksschule Weilmünster ein. Heute wird dieses Gebäude von der Gemeindeverwaltung Weilmünster genutzt.
Foto Siemers aus dem Jahr 1985

Die alte Schule am Rathausplatz in Weilmünster war äußerst ärmlich eingerichtet. Sie hatte niedrige, muffige und überfüllte Klassen mit meist mehr als 80 Kindern. Noch im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts hatte Weilmünster den Ruf, baulich die schlechteste Schule im Oberlahnkreis zu besitzen. Es verdient allgemeiner Bewunderung, was die Lehrer der damaligen Zeit unter solchen Verhältnissen geleistet haben. Nicht jeder fühlte sich in einem solchen Arbeitsmilieu wohl. Es winkten bereits schon die vor dem 1. Weltkrieg entstehenden neuen Schulpaläste unserer Großstädte. Außer dem Hauptlehrer Hof gab es damals in Weilmünster keinen Lehrer, der hier mehr als 35 Jahre gewirkt hatte, so dass mehrere Generationen von demselben Lehrer unterrichtet und erzogen worden waren. Sobald sich eine bessere Gelegenheit bot, sind alle Lehrer, außer Herrn Hof, der sich durch die Verwandtschaft seiner Frau mit dem Marktflecken verbunden fühlte, von hier weggegangen.

Durch den Bau einer neuen Schule 1913/14 hatte Bürgermeister Klein die Voraussetzungen geschaffen, dass die Schule Weilmünster in den 20er Jahren, wie alle anderen Schulen im Land, erfolgreich an allen pädagogischen Neuerungen teilnehmen konnte. Nur in einem Punkt war die Schule Weilmünster der Weilburger Stadtschule noch nicht ebenbürtig. Weilburg hatte damals schon für seine Volks- und Töchterschule gemeinsam eine vollausgebildete technische Lehrerin. Als in der Schulvorstandssitzung am 17. Juli 1920 Schulrat Spahn dem Schulvorstand Weilmünster den Vorschlag machte, auch hier im Marktflecken eine technische Lehrerin anzustellen, stieß er auf den erbitterten Widerstand einzelner Gemeinderatsmitglieder. Einer von ihnen, Angehöriger einer „Freien Wählergemeinschaft“, stellte sogar in diesem Zusammenhang die Behauptung auf, dass 3 Strickfrauen diese Arbeit genauso gut, aber billiger machen könnten. Für viele in unserer ländlichen Gegend war damals die Schule noch ein notwendiges Übel und eine bessere Schulbildung für Kinder noch eine reine Privatsache der Eltern. Es musste noch ein ganzes Jahrzehnt vergehen, bis man auch in Weilmünster für diesen Fortschritt reif geworden war.

Herr Phillip Heinrich Klein, von 1900 bis 1926 Bürgermeister von Weilmünster, berichtet:

Nachdem die Räume in der alten Schule auf dem Marktplatz (heute Rathausplatz) für die gestiegene Schülerzahl und die Anforderungen des neuzeitlichen Schulbetriebs nicht mehr genügten und namentlich auch die Verhältnisse im alten Gebäude bei der geringen Stockhöhe und der Überfüllung der Klassen in gesundheitlicher Hinsicht immer bedenklicher wurden, sah sich die Gemeinde genötigt, die Erbauung einer neuen Schule ins Auge zu fassen.

Mit der Ausarbeitung der Pläne beauftragte man den damaligen Kreisbaumeister Pütger aus Weilburg. Als Bauplatz wurde das gemeindeeigene Gelände rechts der Weil, gleich oberhalb vom Flecken, die sogenannten Weilehecken gewählt und durch Zukauf von einigen Privatparzellen noch entsprechend erweitert. Mit dem Bau konnte im Frühjahr 1913 begonnen werden. Die Fertigstellung erfolgte im Spätherbst 1914, und die Inbetriebnahme der Schule wurde im Februar 1915 gefeiert.

Der zweistöckige Bau enthält unten und oben je drei, im Ganzen also sechs Klassenzimmer, ein Konferenzzimmer für die Lehrer sowie unten und oben je einen Raum zur Unterbringung der Lehr- und Lernmittel für den Schulbetrieb. Im Dachgeschoss befindet sich ein geräumiger, von der Weilstraße her gut belichteter Zeichensaal. Das Kellergeschoss enthält zunächst einen entsprechend ausgestatteten großen Raum zur jederzeitigen Inbetriebnahme einer Lehrküche für die Mädchen sowie eine Badeeinrichtung (Wannen- und Brausebäder) für die Schülerinnen und Schüler und zur Mitbenutzung durch die Ortsbewohner. Sodann ist im Keller die Zentralheizung mit den nötigen Räumlichkeiten für das Heizmaterial untergebracht. In einem besonderen Anbau nach der Bergseite hin wurde für den Schulwart eine geeignete Wohnung erstellt. Es ist vorgesorgt, dass im Bedarfsfall an den Hauptbau nach Süden und zum Pfarramt hin noch zwei Klassenräume angebracht werden können.

Die innere Einrichtung des Baues, die geräumigen, hohen Klassenzimmer und ihre gute Beleuchtung, die breiten Hausflure, die breiten, flachen, steinernen Stocktreppen usw. haben sich durchaus bewährt, so dass in dieser Hinsicht nichts zu wünschen übrigbleibt. Im Ganzen wäre zu wünschen, dass der Bau 60 bis 80 Zentimeter höher gestellt und damit die Möglichkeit geschaffen worden wäre, die Kellersohle ebenso viel höher zu legen, um Belästigungen durch größere Hochwässer vom Weilbach her auszuschließen.

Die Kosten für den Bau stellten sich auf 107.000,- Mark, eine sehr erhebliche Aufwendung für die damaligen Verhältnisse.

Links am Haupteingang von der Weilstraße her wurde eine luftdicht verlötete Kupferkapsel mit einer Urkunde folgenden Inhalts eingemauert:

Im Monat April des Jahres 1913, da Wilhelm II im 25. Jahr als König von Preußen und Deutscher Kaiser regierte, Herr Hengstenberg Oberpräsident der Provinz Hessen-Nassau, Herr von Meister Regierungspräsident des Regierungsbezirkes Wiesbaden, Herr Lex Landrat des Oberlahnkreises sowie die Herren:

Phillip Heinrich Klein – Bürgermeister, Peter Franz Löw - Beigeordneter

Die Gemeindeschöffen

Wilhelm Dienst , Heinrich Dienst, Wilhelm Fey, Gustav Albishausen, Dr. med. Richard Auler, August Dienst, Gustav Erbe, Karl Freund, Karl Jung, Friedrich Ludwig Paul, Johan Baptist Priester, Karl Philipp Söhngen, Heinrich Völpel,

Wilhelm Türk I. Pfarrer, Adolf Auler II. Pfarrer

Eduard Hof - Hauptlehrer, Alexander Aschenbach - Lehrer, Heinrich Bietz -  Lehrer, Rudolf Neumann - Lehrer

In Weilmünster waren, wurde mit dem Bau des neuen Schulhauses, zu dem Herr Kreisbaumeister Pütger zu Weilburg die Entwürfe geliefert hatte, begonnen, damit der Jugend eine den Anforderungen der Neuzeit entsprechende Bildungsstätte und zugleich Raum für eine Erweiterung geschaffen würde.

Möge diesem Haus eine lange Dauer beschieden sein, zur Ehre Gottes, zum Ruhm seiner Erbauer, zum Segen kommender Geschlechter.

Der vorstehenden Urkunde wurden folgende Schulbüchern beigefügt:

Eine Fibel, ein Lesebuch in drei Teilen, ein Katechismus, ein Gesangbuch und vier Hefte Rechenbücher.

Sowie an Münzen:

Eine Mark und eine halbe Mark in Silber, eine zehn Pfennigmünze und eine fünf Pfennig-Münze in Nickel und jeweils eine zwei Pfennig- und ein Pfennigmünze in Kupfer.

Bauleute und Lieferanten für die Rohbauarbeiten sind:

Erd- und Maurerarbeiten:          Heinrich Kappus aus Idstein

Steinmetzarbeiten:                    Hessische Steinbrüche, Gesellschaft mit beschränkter Haftung aus Londert und Philipp Reinhard aus Flacht für die Kunststeine

Zimmerarbeiten:                       August Keller in Oberbrechen und Wilhelm Kramer in Niederbrechen

Dachdeckerarbeiten:                 Friedrich und Karl Kroh und Karl Weil aus Weilmünster

Spenglerarbeiten:                      Karl Kurz aus Weilmünster

Schmiedearbeiten:                    Hermann Schwarz aus Weilmünster

Herstellung der Hohlsteinecken: F.N. und H. Förster aus Kiel

Lieferung des Zements

und der eisernen Träger:             Carl Philipp Söhngen aus Weilmünster

Die übrigen Arbeiten und Lieferungen waren damals noch nicht vergeben.

Zur Bauaufsicht der Arbeiten ist Herr Bauführer Karl Wehn aus Biedenkopf für die Dauer der Bauzeit von der Gemeinde angestellt worden. Möge er sie glücklich zu Ende führen.

100 Jahre Grundschule Weilmünster

Betrachtung von Rudi Czech anlässlich der Jubiläumsfeier 100 Jahre Grundschule Weilmünster am 20.06.2015

Unsere Schule ist 100 Jahre alt, und sie bekam allerhand in dieser Zeit aufgebürdet. Zwei Weltkriege, Inflation, Lebensmittelmangel, Geldentwertung, politische Kapriolen und sonstige Schicksalsschläge haben sie begleitet, und wie ich glaube, hat sie das mit Bravour überstanden.

Die Schulsituation in Weilmünster war um die Jahrhundertwende vom 19. in das 20. Jahrhundert mehr als brenzlich geworden. Die Klassenzimmer in den beiden Schulhäusern am damaligen Marktplatz, heute Rathausplatz, (in diesen beiden Häuser ist nach entsprechender Sanierung heute die Gemeindeverwaltung untergebracht), waren dunkel und unhygienisch, von qualmenden Petroleumlampen mühsam erleuchtet, mit mehr als 300 Kindern dicht besetzt, von 4 Lehrern in einer pädagogischen Meisterleistung in der Schrift, der Kunst des Lesens und Schreibens, dem 1x1, den geforderten kirchlichen Aufgaben in einer oft stickigen Atmosphäre, vertraut gemacht.

Schulklasse 1905 vor der Schule am Kirchplatz – unterste Reihe 5. von links, Frieda Loew
Wir danken Frau Hildegard Loew, Kaufhaus P.F. Loew, die uns das Bild zur Verfügung gestellt hat

Es musste etwas geschehen, und so blieb der Gemeinde trotz des hohen Geldbedarfs keine Wahl, als eine neue Schule zu bauen. Rechts der Weil besaß der Flecken Grund und Boden, der durch einige Zukäufe vergrößert werden konnte. Der Standort neben dem zuvor gebauten Pfarrhaus war genau der richtige Platz.

1913 ging es los, und es wurde ein solider, von guter Handwerkskunst errichteter Neubau, der trotz des von kaiserlich-königlichen Übeltätern losgetretenen Weltkrieges stattlich, solide und zweckentsprechend gelang.

Wegen des Krieges fand die Einweihungsfeier am 07. Januar 1915, recht bescheiden gehalten aus. Trotzdem gab es für die Schulkinder einen Weck und für den Schulvorstand und die Gäste im Gasthaus Ernst Jung Kaffee. 

Richtfest der 1951 erbauten Schule, die neben der 1915 erbauten ersten Schule errichtet wurde

105.315,65 Mark einschließlich der Badeanlagen im Keller, Schuldiener-Wohnung, Toilettenanlagen, Koks- und Kohleheizung, Haushaltslehrküche, Musik- und Zeichensaal hatte der stattliche Bau gekostet, wovon die Gemeinde Weilmünster ein Drittel der Bausumme stemmen musste. 337 Schüler versammelten sich nun in den neuen, hellen, großräumigen Klassenräumen und wurden von 4 Lehrern unterrichtet. Zwei weitere vorgesehene Pädagogen waren bereits im Krieg an der Front.

Die Kinder hatten in dieser Zeit neben der schulischen Unterweisung viele andere Aufgaben zu übernehmen wie zum Beispiel: 1915 sammelten sie eine Menge Eicheln und Bucheckern, 83 kg Lindensamen, 98 kg Ahornsamen, 117 kg Kastanien und Sonnenblumenkerne, 2 Wagenladungen Radreifen und Gummi, jede Menge Himbeeren, die von den Lehrersfrauen zu Saft verkocht ins Lazarett der Anstalt gebracht wurde. Ja selbst Gold im Wert von 1500 Reichsmark konnten die Kinder erbetteln; doch auch die Lehrerschaft vermochte die Eltern und Verwandten der Schüler zur Zeichnung von Kriegsanleihen überreden, so dass auf diese Weise recht erhebliche Summen zusammenkamen um dem Krieg, letztlich vergeblich, auf die Sprünge zu helfen.

Nach der großen Völkerschlacht folgte eine Zeit der politischen Wirrnisse, die Schule war sogar geräumt und dann vom Soldatenrat besetzt worden. Ein Umstand, der den Schülern durchaus in den Kram passte, doch bald bekam die Schulobrigkeit die Sache wieder in den Griff, die Lehrer an die Katheder und die Schülerschar in die Bänke.

Jahrgang 1919 und 1920 im Eingangsbereich der 1915 in Betrieb genommenen neuen Schule

  1. Reihe von links: Ella Schäfer, 2. Lotte Schäfer, 3. Erna Rack, 4. (verdeckt) Schuldiener Heller, 5. Irmgard Siebenlist, 6. Herta Bonnkirch, 7. Elli Weil, 8. Else Völpel, 9. Else Heilmann, 10. Linchen Möller, 11. Meta Hardt, 12. Gertrud Ketter, 13. Marga Paul
  2. Reihe von links: Hedwig Albishausen, 15. Else Lommel, 16. Helga Römermann, 17. Luise Priester. 18. Bienchen Fey, 19. Tilly Haibach, 20. Elisabeth Haibach, 21. Adele Böhmer, 22. Erika Dauer, 23. Friedchen Paul, 24. Margareth Brüttig, 25. Lehrer Gräf
  3. Reihe von links: Handarbeitslehrerin Frau Hirschhäuser, 26. Walter Bonnkirch, 27. Robert Schäfer, 28. Erich Bausch, 29. Helmut Velten, 30. Wilhelm Fey, 31. Richard Schwarz, 32. Albert Dietzel, 33. Karl Nehl, 34. Herbert Velte, 35. Martha Radu
  4. Reihe von links: Albert Pfeiffer, 37. Karl Schäfer, 38. Anni Bluz, 39. Johanna Seibel, 40. Erika Wagner, 41. Martha Völpel, 42. Elli Schmidt, 43. Ilse Krüger, 44. Lina Weil, 45. Lotte Haubrich, 46. Herta Bandorf, 47. Paula Velten, 48. Hermann Kunkler
  5. Reihe von links: Alfred Jost, 50. Karl Held, 51. Willi Möller, 52. Helmut Siebenlist, 53. Walter Becker, 54. Richard Schäfer, 55. Karl Kring, 56. Willi Metzler, 57. Willi Dietzel

Zucht und Ordnung beherrschte die mehr oder weniger Lernenden, nicht zuletzt durch gestrenge Züchtigungsmöglichkeiten, wenn die Taten der Schüler aus dem Ruder liefen, zureden und Ermahnungen nicht mehr halfen und nur der Stock oder Riemen sowie die ausrutschende Hand erzieherischen Erfolg versprachen. Die „Schandtaten“ der Kinder wurden sogar sorgfältig aufgezeichnet und von Zeit zu Zeit vom Schulinspektor, oftmals waren es die ortsansässigen Pfarrer, durch Unterschrift pflichtgemäß gutgeheißen.

Ab 1933 gebärdete sich die Schule dem neuen Regime entsprechend rassisch deutsch, die Parteiobrigkeit beherrschte die Erziehungsordnung, die auch die Lehrerschaft großenteils in ihren Bann zog. Doch schon bald, aller äußerlichen tausendjährigen Herrlichkeit zum Trotz brach ein neuer Krieg aus, der zunächst bejubelt, dann erduldet und am Ende wahnsinnige Schrecklichkeiten offenlegte.

Im April 1945, kurze Zeit vor dem Kriegsende, zogen die siegreichen Amerikaner in Weilmünster ein und besetzten auch die Schulgebäude, und viele Schüler hatten nun Gelegenheit um „chewing gum und chocolate“ zu bitten, während ihre Eltern an der Vergangenheit zu kauen hatten.

Schon bald bekam die neue Obrigkeit den Betrieb in den Griff, und die Schule füllte sich mit mehr oder weniger wissbegierigen Kindern. Lehrer Mössinger trat vor seine Klasse und sagte: „Also Kinder, wir haben jetzt Demokratie, und das müssen wir lernen, so wird alles ganz anders“! – So war es auch, allmählich kehrten die früheren Lehrer in den Schuldienst zurück und neue Lehrkräfte kamen hinzu. Auf diese Weise hat man das Schulschiff wieder flottgemacht und in friedliche Gewässer geleitet.

Nach dem Krieg hatte sich die Bevölkerung von Weilmünster verdoppelt. Viele Heimatvertriebene und Flüchtlinge brauchten nicht nur Wohnraum und Lebensperspektiven, sondern auch für ihre zahlreichen Kinder Ausbildungsmöglichkeiten, die Volksschule Weilmünster wurde achtklassig und so war es unumgänglich, einen Schulneubau zu planen, der 1951 in Angriff genommen werden konnte.

Richtfest der 1951 erbauten Schule, die neben der 1915 erbauten ersten Schule errichtet wurde

Zwei Jahre später stand ein schönes neues Haus mit 8 Klassenzimmern und weiteren Funktionsräumen bezugsfertig, lichtdurchflutet und bestens geeignet Wissen zu vermitteln.

Vorerst wirkte noch eine größere Zahl Schulhelfer und Lehramtsanwärter an der Schule. Allmählich entstand bei der Schulleitung und der Schulaufsichtsbehörde die Absicht diese Stellen mit älteren und erfahreneren Lehrern zu besetzen. Durch diese Aktion kamen 1947 Karl Groß aus Möhnstadt, 1948 Robert Dann von Aulenhausen und 1949 Elisabeth Schweiger von Weinbach und Anna Deuse aus Möttau nach Weilmünster. Als technische Lehrkraft war Katharina Velte tätig, die ihrer erkrankten Schwester Frida Peters folgte. Weiterhin kamen 1953 Kurt Böhm aus Lützendorf, Karlheinz Lang aus Frankfurt/Main und Georg Schmidt von Löhnberg, 1956 Werner Mrose aus Sin, 1957 Irmgard Stahl von Langenbach und Irmtraut Metzler von Dillhausen und im Jahr 1958 Konrad Röglin von Allendorf an der Ulm nach Weilmünster.

Herrn Albert Selzer, seit 1943 Rektor der Volksschule Weilmünster,  war es mit viel Geschick gelungen, ab dem Jahr 1953 für Weilmünster die Errichtung eines Realschulzweiges zu erreichen. Dies war für Herrn Selzer nicht leicht, da es in jener Zeit im Oberlahnkreis noch Kräfte gab, die um die Monopolstellung Weilburgs als Schulstadt bangten. Zwei Tatsachen haben damals die Errichtung eines Realschulzweiges ermöglicht. Es waren erstens die guten Beziehungen von Herrn Selzer nach Wiesbaden, als Bezirksvorsitzender der G.E.W. im Regierungsbezirk Wiesbaden und zweitens war es dem Idealismus des damaligen Lehrerkollegiums von Weilmünster zu verdanken, dass freiwillig ein Jahr lang 34 Wochenstunden unterrichtete. Auf diese Weise bekam das Landkind in der Südosthälfte des Oberlahnkreises endlich die gleichen Bildungschancen wie das Großstadtkind. Unter Rektor Selzers Leitung wurde die Schule Weilmünster auf- und ausgebaut.

Bericht aus dem Weilburger Tageblatt vom 23.03.1959, der zweite Jahrgang des Mittelschulzweigs wird nach bestandener Prüfung verabschiedet.

Den Real und Mittelschulen fehlte in dieser Zeit die Tradition. Viele Leute wussten nicht was sie mit diesem Reifezeugnis anfangen sollten. Rektor Selzer wurde im Frühjahr 1959 pensioniert. Zu dieser Zeit hatte die Volks- und Realschule Weilmünster einen sehr hohen Leistungsstand erreicht. Gemeinsam mit Herrn Selzer ist auch der Konrektor Emil Micus aus gesundheitlichen Gründen pensioniert worden.

Konrektor wurde jetzt Herr Karl Groß, und die freie Schulleiterstelle hatte man dem 34-jährigen Mittelschullehrer Herrn Horst Schlegel, der aus Zwingenberg an der Bergstraße kam, übertragen. Er brachte neue Ideen nach Weilmünster.

Das Lehrerkollegium der Volks und Realschule Weilmünster, Aufnahme 1960
Das Lehrerkollegium der Volks und Realschule Weilmünster, Aufnahme 1960
Stehend von links: Karl Groß, Robert Dann, Albert Selzer, Walter Löhr, Emil Micus
Sitzend von links: N. Emmerich, Elisabeth Schweiger, Karl Gräf, Ulrike Türk und Anna Deuse
Das Lehrerkollegium der Volks und Realschule Weilmünster, Aufnahme 1962

Das Lehrerkollegium der Volks und Realschule Weilmünster, Aufnahme 1962

Stehend von links: N. Ernst, Werner Mrose, Katharina Velte, Konrad Röglin, Herrmann Faber, N. Schulz, Kurt Böhm, Horst Schlegel, Karlheinz Lang, Ulrike Türk, Josef Kubeck, Irmgard Stahl, N. Redlich, Karl Groß, Rosemarie Rigol und N. Petry.

Sitzend von links: Robert Dann, Anna Deuse und Georg Schmidt

Nach und nach wurden aus unterschiedlichen Gründen die Dorfschulen der umliegenden Gemeinden aufgelöst. Aus 15 Orten mussten nun die Kinder in die Schule nach Weilmünster gehen. Um der dadurch bedingten Schulraumnot vorzubeugen, hat man in den Sommerferien 1964 drei Schulpavillons mit zusammen sechs Klassenräumen errichtet.

Zunehmend änderten sich die Formen des Lehrauftrages gravierend. Als 1971 Weilmünster mit 11 Ortsteilen zur Großgemeinde zusammengefasst, deren Dorfschulen aufgelöst, Kinder und Lehrer in einem gewaltigen Kraftakt in der Kerngemeinde Weilmünster stationiert waren, musste auch neuer Schulraum geschaffen werden.

In dieser Zeit entstanden am linken Ufer der Weil großzügige neue Schulgebäude im modernen Beton-Fertigbauteil-Stil. Allerdings hatte diese neue Bauweise mit der alten Handwerkskunst wenig zu tun. So waren viele Nachbesserungen nötig, um für den Schulbetrieb voll einsatzfähig zu sein. Es dauerte eben seine Zeit bis die Flegeljahre der neuartigen Beton-Bauelemente überwunden waren.

Unsere Grundschule mit den zwei Schulgebäuden, fertiggestellt 1915 und 1953, wurde nun zu einer selbständigen Einheit, erfolgreich bestrebt Grundlagen zu schaffen um das geistige und körperliche Weiterkommen der Schüler zu fördern. Ein Stab guter Pädagogen, teils bestens erprobt und erfahren aus ihrer Dorfschulzeit, taten ihren Dienst. Rektor Gerhard Lang führte 1973 die Kollegenschaft an, um Wissen und Lebensart erfolgreich und nachhaltig zu vermitteln.

1983 wird eine sehr schöne und zweckmäßige Turnhalle gebaut, die nicht nur der sportlichen Beweglichkeit sondern auch als Aula den Schülern dient und zu Einschulungszeiten und festlichen Ereignissen bestens genutzt werden kann. Zusätzlich nutzen die örtlichen Sportvereine in den Nachmittag- und Abendstunden die Halle für ihre Übungsstunden.

Ständig änderte sich etwas im Leitungsgefüge. Als kommissarischer Konrektor ist Herr Horst Ebel erfolgreich tätig, als Herr Franz Matzeck 1989 - 1999 die Schulleitung übernimmt und nach 10 Jahren auf eine gute Zeit zufrieden zurückblicken kann.

1999 gelingt es dem ehrgeizigen Weilmünsterer Ortsteil Laubuseschbach ein neues Schulgebäude als Dorfschule für die Klassen 1 bis 4 zu bekommen. Das Rektorat und die Lehrkräfte werden von der Grundschule Weilmünster gestellt. 2004 wird die Vollkommenheit der Schul-Zweigstelle Laubuseschbach mit der Inbetriebnahme einer eigenen Turnhalle erreicht.

An der Grundschule Weilmünster erweist sich die Errichtung eines Hauses der Betreuung mit integrierter Mensa als etwas völlig Neues. Dieses Haus ist hilfreich, leibliche Notwendigkeiten, Hausaufgabenhilfen, sinnreiche Beschäftigungsaktivitäten und die Beaufsichtigung der Kinder berufstätiger Eltern zu garantieren.

Auch der große Schulhof erhält ein neues Gesicht. Dank rühriger, selbstloser Eltern- und Lehrerinitiativen wurden diverse Spielplätze und Spielgeräte im Design der fünf Kontinente geschaffen, die von den Kindern gern und rege angenommen und genutzt werden.

Ab dem Jahr 2000, zunächst kommissarisch, von 2001 an als neue Rektorin, übernimmt Frau Hedwig Thum als erste Frau in der Geschichte der Grundschule Weilmünster die Schulleitung. Sie meistert bestens unterstützt durch die Konrektorin Frau Sonja Brenner ihre Aufgaben mit Charme, Können und  Freundlichkeit an der Spitze einer Heerschar weiblicher Lehrkräfte, in der gelegentlich auch einmal ein männlicher Lehrer zu finden ist. Dieses Lehrerkollegium arbeitet in einer sehr harmonischen Weise zusammen, um die vielen pädagogischen und organisatorischen Anforderungen  zu bewältigen, so dass stets die Gewissheit vorhanden ist, unsere Schule ist in besten Händen auf dem Weg in eine lebenswerte Zukunft.

Grundschule Weilmünster, Aufnahme Rudi Czech 1999